Als einzige Erfolgsstory las sich die Chronik
der VISION Finance & Investments Ltd., mit Geschäftsdomizil auf Phuket und
Steuersitz auf den British Virgin Island, noch bis vor einem Jahr.
Die kleine
Investmentfirma, welche gerade mal aus den Schweizern Roger Ritter
(Bangkok) & Christoph Beer (Phuket), sowie dem freien Vertreter Romano Tolotti
aus der Schweiz bestand, blickte damals auf eine lange und erfolgreiche
Karriere zurück. Rund 18 Jahre schwarze Zahlen, über 200 Kunden und ein
Gesamtinvestmentkapital von rund 50 Mio. Schweizer Franken, konnte das
Unternehmen damals vorweisen.
Ausschliesslich
Devisen, wenige Edelmetalle und einige Optionen wurden gehandelt. Der Zinsgewinn
für die Anleger betrug jährlich um die 20%. Die Investmentziele waren so
unterschiedlich wie die Altersstruktur der Anleger. Weniger als 10 war der jüngste, 99 der
älteste! Mittelfristiges Sparen mit offenem Verwendungszweck, Verbesserung des
Lebensstandards im Alter, sowie Rückzahlung von Hypotheken standen im
Vordergrund. Ein kleiner Teil schöpfte die Zinsen regelmässig pro Quartal oder
jährlich ab. Darunter ein paar Schweizer Expats in Thailand. Die Anlageverträge
enthielten fast ausnahmslos eine Klausel die sicherstellte, dass der Handel bei
Erreichen von 10% Verlust auf dem Investmentkapital ausgesetzt und die Kunden
unverzüglich benachrichtigt werden. Ein Durchschnittsanleger mit einer
Gesamtsumme von CHF 250‘000.--, konnte so z.B. das Verlustrisiko auf maximal CHF
25‘000.-- beschränken.
Erstens
kommt es anders – und zweitens als man denkt.
Seit 11. Juli
2011, sind Ritter & Beer nicht mehr erreichbar. Die Schweizer
Botschaft in Bangkok wurde avisiert, um Abklärungen betreffend Wohnort,
Spitäler, Flughäfen und Visakontrolle vorzunehmen. So zumindest die Aussage des
VISION Vertreters Romano Tolotti aus der Schweiz. Später stellte sich allerdings heraus, dass zu dieser Zeit weder Familienangehörige, noch Herr Tolotti, noch die Anwälte WerderViganó je eine Vermisstenanzeige eingereicht hatten, die es damals ermöglicht hätte, an Adressinformationen bei der Schweizer Botschaft zu kommen, zu denen ansonsten nicht mal engste Familienmitglieder Zugang haben. Die Tatsache, dass die Herren Ritter & Beer weder mit
Familienangehörigen und Freunden, noch mit Verwandten und Bekannten in Kontakt
traten, nährten zu Beginn Spekulationen jeglicher Art. Ein Zusammenhang mit der VISION Finance
& Investments Ltd., konnte zwar nicht ausgeschlossen werden, schien aber am Anfang noch eher unwahrscheinlich. Erst ein kurzer Anruf von Ritter bei dessen
Mutter in der Schweiz, warf Wochen später Zweifel auf. Er würde später alles erklären,
meinte er damals. Daraufhin tauchten Ritter & Beer vollends ab und ihr Aufenthaltsort ist bis heute unbekannt. Auch beim Schweizer
Verein „Swiss Society Phuket“, auf dessen Website Herr Beer noch entspannt von der
Frontseite lächelte, wurde dieser laut Präsident Urs Aebi schon Monate zuvor
nicht mehr gesehen. Kurze Zeit später verschwand sein Bild von der Website und
ein Vertreter einer mehrköpfigen VISION Interessensgruppe aus Phuket meldete
sich zu Wort.
Ausstellung
eines internationalen Haftbefehls gegen Ritter & Beer!
Nach dem
Untertauchen von Ritter & Beer, wurde Romano Tolotti in der Schweiz aktiv und
informierte seine Kunden. Des Weiteren trat das Anwaltsbüro WerderViganó auf
den Plan. Dieses eröffnete ein Strafverfahren und leitete das Einfrieren des
VISION Kontos bei der Deutschen Bank ein. Kunden erhielten die Möglichkeit, einem Geschädigtenpool beizutreten und wurden dafür mit CHF 500.-- zur Kasse gebeten. 2 Rundschreiben von Romano Tolotti und insgesamt
5 von den Anwälten WerderViganó erhielten die Poolteilnehmer bis heute. In
der letzten Ausgabe vom April 2012, wurden diese über die Ausstellung des
internationalen Haftbefehls gegen Ritter & Beer informiert. Im selben
Schreiben riefen die Anwälte dazu auf, sie bei der Suche und Ermittlung
des Aufenthaltsortes von Ritter & Beer zu unterstützen, was für den Autor Auslöser für den vorliegenden Bericht war.
Am Ende
alles ein einziger Betrug?
Die aufwendigen
und langwierigen Untersuchungen, die vorläufig bis ins Jahr 2006 zurückgehen,
ergaben, dass sich von den 50 Mio. Schweizer Franken gerade mal noch CHF
170‘000.-- auf dem Konto befinden. Devisengeschäfte konnten zwar nachgewiesen
werden, die Performance von rund 20% wurde jedoch nie erreicht.
Bereits 2005 war laut Deutscher Bank nur noch die Hälfte der Kundenguthaben
durch Vermögenswerte gedeckt. Alleine im Zeitraum 2006 bis 2011, sind nebst
Verlusten im Handel, Mittel in Höhe von 7 Mio. Schweizer Franken abgeflossen.
Davon CHF 0,7 Mio. an Herr Beer, CHF 1,0 Mio. an Herr Ritter und CHF 3,3 Mio. an
Romano Tolotti, die aus Honoraren der fiktiven Performance resultierten.
Verbleibende CHF 2,0 Mio., konnten zu dem Zeitpunkt noch nicht zugeordnet werden.
Zurückhaltung bei der deutschsprachigen Presse in Thailand!
Nachtrag August 2012
Erst nachträglich habe ich von der Schweizer K-Tipp Ausgabe 01/2012 erfahren, in der dieser Fall bereits Anfangs 2012 erschien (www.ktipp.ch/themen/beitrag/1069982/Zu_schoen_um_wahr_zu_sein). Nach Rückfrage bei den Anwälten WerderViganó, wussten nicht mal diese davon, obwohl der Autor meinte, dass diese damals dazu abgeraten hätten. Eine PDF-Datei des Artikels, kann über nachfolgende E-Mail Adresse bezogen werden.
Sachdienliche Hinweise bitte an folgende Adresse: markusz(ad)mz-online.net. Dabei bitte (ad) durch üblichen E-Mail "Affenschwanz" ersetzen, den ich wegen Spamgefahr wegliess.
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