Ich
lebe schon lange in Thailand und bin Franchise-Nehmer eines 7/11 Shops, den
meine Frau seit 5 Jahren betreibt. Als 2. Standbein habe ich mir in der Nähe
eine kleine Bäckerei eingerichtet. Das Gebäck verkaufte ich auf lokalen
Märkten, vorwiegend in Muang Ake, einer Siedlung in
Rangsit-Pathum Thani. Als diese nicht mehr zu erreichen war, bekamen die TV
Bilder ein Gesicht.
Anfang Oktober glich Muang Ake einer Landzunge im Norden.
Im Westen und Osten wurden hohe Sandsackwälle errichtet, wobei 2 Zufahrtswege geöffnet blieben. Die Märkte brachen ein und mit Backen war es vorbei. Den 7/11 Shop hätten wir auch am liebsten geschlossen. Die Anlieferungen blieben aus und
die Regale leerten sich zusehends. Der Franchisegeber Charoen Pokphand (www.cpthailand.com) bestand allerdings darauf, die Geschäfte am Laufen zu halten und
erst dann zu schliessen, wenn das Wasser unmittelbar vor der Tür steht. Kurze Zeit später
erreichte die Flut die Südseite des Wat Nawong. Per Auto kam man gerade noch durch. Dabei hatte ich die Strasse zum Fluchtweg erkoren, weil der Weg
südöstlich bereits unter Wasser stand. Der dortige Bahndamm hielt aber
noch.
Die
Anwohner meinten, ich bräuchte mir keine Sorgen zu machen, denn hier hätte es noch
nie Probleme gegeben. Die Gegend sei sicher, da die 2 Golfplätze in der
Nähe gut geschützt würden. Ein paar Tage später lief das Wasser über den
Bahndamm und anschliessend direkt in meine Bäckerei. Ich hatte schon vorher alles
gesichert, höher gestellt und die Sicherungen entfernt. Zudem hatte ich diverse
Gegenstände aufs Auto verladen und zum 7/11 gebracht. Dort war es noch
trocken und der Laden geöffnet. Meine Frau ist Nichtschwimmerin und wenn wir bis zum Ende geblieben wären, hätte ich meinen fast neuen Toyota Vigo nicht
mehr heraus bekommen. Deshalb sind wir zur Schwägerin nach Sai Mai gefahren und
haben den Laden zwangsweise in die Obhut der Angestellten übergeben. Die Strasse vorbei
am Wat Nawong, stand schon tief unter Wasser. Bugwellen entgegenkommender
Fahrzeuge klatschten bis zur Frontscheibe hoch und überspülten das Dach. Die Anspannung war gross und
wich erst, als wir in Sai Mai ankamen. In der Siedlung der Schwägerin drang das
Wasser auch schon durch Abwasserkanäle und setzte die Strassen nur 2 Tage später mit 10cm unter Wasser. Wir kauften noch Backsteine und bildeten eine Mauer, aber als das
Wasser weiter stieg, stand es schon im Haus.
Danach
sind wir zur Schwester nach Minburi gefahren, in deren Neubausiedlung bis auf eine grössere Pfütze noch alles im Trockenen lag. Die ganze Sippe war da. Eltern, Schwestern, Brüder - und alles
was dazu gehört. Wir schliefen am Boden auf Decken, die im ganzen Haus
verteilt waren. Der Vater beruhigte, hier sei alles sicher, wessen Meinung er 2 Tage später revidierte. Also sind wir weiter nach Nakon Sri Thammarat
gezogen, wo wir das Stammhaus der Familie erreichten. Mir war das nicht recht,
weil‘s dort noch ungemütlicher war und ich die Hälfte der Familie nicht mochte.
Boller
Hans hatte mir schon mehrfach Hilfe angeboten, aber meine Frau hatte sich immer
gesträubt. Sie wollte im Kreise der Familie bleiben und sich nicht
in fremde Obhut begeben. Später nahm sie Kontakt mit einer Freundin aus Phuket auf, die dort mit einem subkontinentalen Asiaten verheiratet
ist und ein Restaurant betreibt. Wir könnten zu ihnen ziehen und ich dort Kebab verkaufen und Kuchen backen
und erst noch preiswert wohnen, meinte sie. Das klingt gut, dachte ich mir und so sind wir
weiter nach Phuket gezogen. Dort frisch angekommen, war die Welt noch
in Ordnung. Tags darauf änderten sich allerdings die Vereinbarungen. Das Zimmer sollte jetzt plötzlich
700.-- Baht Hochsaisontarif/Tag, anstatt 5‘000.-- im Monat kosten und Kebab und Kuchen könnte ich mir ans Bein streichen, weil ich damit ihr Geschäft konkurrenziere.
Ich sollte besser vor dem Restaurant Ausflugstouren verkaufen, weil das eine
gute Provision abwirft und mich keine Standmiete kostet. 40% gingen an
ihn und 60% an mich. Da würden dann nur noch 10‘000.-- Baht an Anmeldegebühren
anfallen. Ich hatte noch nicht fertig überlegt, als schon wieder von
5‘000.-- Baht Miete die Rede war.
So
viele Änderungen in so kurzer Zeit - das war zu viel! Am nächsten Tag packten
wir die Koffer und reisten zu Boller Hans. Dieser hatte noch immer ein Zimmer für uns bereit, denn gute Freunde bleiben bei ihren Zusagen! An diesem Ort, westlich
von Bangkok in Richtung Kanchanaburi, geht es uns gut und wir wollen hier einen
Neuanfang wagen. So machten wir uns vor ein paar Tagen auf, Muang Ake mit
dem Boot zu erreichen. Unser 7/11 war bis zu 2/3 abgesoffen und in der Bäckerei stand
das Wasser bis zum Bauch. Es stank fürchterlich und die Wände waren schon mit Schimmel befallen. Anhand der Wasserränder konnte man sehen, wie hoch das Wasser ursprünglich stand. Bis zur
Schulter muss es gereicht haben. Viel höher, als ich dachte. Dadurch ging
mehr in die Brüche, als erwartet und so war für mich schnell klar, dass ich nicht mehr an diesen Ort zurückkehren konnte.
Wir
holten dann noch den Ofen und schoben ihn durchs Wasser, bis zu einer Brücke, von wo wir ihn aufs Auto hievten. Den Fernseher, Teigkneter und
die Gefriertruhe etc., transportierten wir auf einem gemieteten Boot. Als der Bootsführer sah,
was wir alles angeschleppt hatten, verdoppelte er seinen Preis auf der Stelle auf
2‘000.-- Baht. Das Ausnutzen von Notsituationen ist hier normal. Nächstes Mal gehe
ich erst wieder dahin, wenn der Ort wieder per Auto erreichbar ist. Bleibt
zu hoffen, dass die verbleibenden Sachen noch in Takt sind, falls sie nicht schon entwendet wurden.
Wie es
auch immer enden mag, ich werde den Kopf nicht hängen lassen und hier
in Ban Heu Krabock zwischen Bangkok und Kanchanaburi neu anfangen und eine
kleine Bäckerei aufbauen, mit feinem Brot und Kuchen, wie in Deutschland!
Bilder
zum Bericht: www.flickr.com/photos/69724530@N07/?saved=1
Ein Link zu einem kürzlichen Bericht zu dieser Region: www.wochenblitz.com/nachrichten/bangkok/17308-rangsit-anwohner-beklagen-mangelnde-unterstuetzung.html
Ein weiterer Link dazu: www.thailandtip.net/index.php?id=nachrichten&tx_ttnews[tt_news]=7028&tx_ttnews[backPid]=2&cHash=d392fbe6737f69ef3e1c22b1cbef20de
Ein weiterer Link dazu: www.thailandtip.net/index.php?id=nachrichten&tx_ttnews[tt_news]=7028&tx_ttnews[backPid]=2&cHash=d392fbe6737f69ef3e1c22b1cbef20de
Zudem noch ein Link zum Thema Schimmel, der hier auch zur Sprache kam: www.wochenblitz.com/nachrichten/17310-schimmel-soll-beseitigt-werden.html#contenttxt%20
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